Digitalisierung in der Kampfkunst

 Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich bei diesem Blog-Post anfangen soll...

Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass mir durchaus bewusst, dass Kampfkunst immer etwas mit "kämpfen" und physischen Kontakt zu tun hat - ohne Frage!

Spätestens aber seit der Pandemie wissen wir, dass es teilweise unerlässlich sein kann, digital bzw. "online" gut aufgestellt zu sein.

Auch wenn man ab einem Punkt, immer den körperlichen Kontakt und die Präsenz braucht, gibt es meiner Meinung nach, sehr viele gute, sinnvolle Konzepte & Möglichkeiten, die teilweise aus ideellen Gründen abgelehnt werden...

Wichtig ist natürlich auch an dieser Stelle zu erwähnen, dass ich seit Beginn der Pandemie selbst dazu gezwungen war, digital, online Angebote zu machen.
Ich habe bei 0 angefangen und musste alles lernen. Mittlerweile habe ich ein eigenes "Online Technik" Business, weil mich dieses Thema so begeistert. Und für mich war das am Anfang auch alles schwer und ein Buch mit 7 Siegeln...

Excuse me, wir haben 2023!

An dieser Stelle einmal ganz provokant gesagt: Wer 2023 nicht online ein Teil seiner Dienstleistung digitalisiert hat in den letzten Jahren nichts verstanden und gelernt! Damit meine ich nicht einmal die ganzen Covid-Quer-Leer-Denker, die besonders im esoterischen Bereich viel unterwegs sind... aber das ist ein anderes Thema. Darüber hinaus lässt man teilweise bares Geld liegen und ohne Moss, nix los...

Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob einige Kampfkünstler aus Ideologie, Angst oder dem Gefühl, dass das Thema sei viel zu schwierig, es komplett ablehnen. Aber wir haben 2023 und auch eine Kampfkunst muss den Wandel der Zeit mitmachen.

Wie bereits erwähnt, wird der Kontakt & das Kämpfen nie ohne "analoge" Präsenz gehen.

Welche Möglichkeiten es gibt

Die sinnvollen(!) Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, mit etwas Kreativität und Willen :)

Eine Online Akademie bzw. Online Kurs kann die perfekte Ergänzung zum regulären Training in der Schule sein. Mann kann, einmal aufgezeichnet, theoretische Unterweisungen machen, z.B. zur Geschichte des Kampfstils oder immer wieder kehrende Prinzipien und Übungen. Darüber hinaus können Interessenten sich vorab schon einmal informieren und die Schule bzw. den Unterricht einmal vorab kennenlernen.

Man kann so sogar den Schülern mehr Informationen bereitstellen, da oft im Training vor Ort einfach die Zeit fehlt, alle Aspekte ausführlich zu beleuchten. So hätte man z.B. auch mehr Zeit für das Training im Kontakt vor Ort...

Übungen für zu Hause, angeleitete Trainings für allein oder Hinweise zur Prüfungsvorbereitung - man kann so viel einmal erklären, aufzeichnen und immer nutzen.
Ebenso eignen sich Formen, Holzpuppe & Waffen zum allein trainieren.

Auch Bezahlung & Verwaltung kann man hervorragend digitalisieren. Egal ob den monatlichen Beitrag oder die Bezahlung für ein Seminar automatisiert über einen Zahlungsanbieter laufen lassen, es nimmt einem viel Arbeit ab. Den ganzen "Papierkram" kann man digitalisieren und online abwickeln.

Ebenso ist es meist kein großes Problem, das live Training in der Schule parallel auch online zu streamen... Jedem Schüler kann mal etwas dazwischen kommen, sei es nur das Wetter oder ein defektes Auto... So kann man zumindest Online mit dabei sein.

Alles hat seine Grenzen

Es braucht hierfür allerdings gut ausgebildete Lehrer... Ich war am Anfang der Pandemie selbst überrascht, was mein Sifu (Lehrer) alles gesehen hat online ("die Hüfte anders!"). Er ist allerdings auch ein Meister mit Jahrzehnten Erfahrung, trotzdem eine großartige Leistung, was er alles "nur" über die Webcam gesehen hat.

Auch muss man, wenn man so etwas anbietet, ein Minimum an Technik bereitstellen. Damit meine ich nicht eine Ultra HD Webcam, sondern eine gute Webcam und einen vernünftigen Ton bei einer stabilen Internet-Verbindung. Ansonsten macht selbst das beste Online Training keinen Spaß, wenn der Lehrer kaum zu sehen und hören ist...

Selbstverständlich setzt es auch ein wenig Platz voraus, beim Lehrer und dem Schüler, aber wo ein Wille, da ein Weg. Großmeister Andreas Hoffmann hat es in den 80ern schließlich auch geschafft, Langstock in einem eigentlich zu engen Raum zu trainieren - mit offenem Fenster halt ;)

Auch das Spüren und die Erfahrung des Kontaktes im Kampf wird man in naher Zukunft sicherlich ersetzen können - irgendwann im Holodeck vielleicht...

Diese Erfahrung musste ich selbst auch machen. Im Jahr 2021 hatte ich eine Familie im Norden Deutschlands im reinen Online Training. Es waren meine ersten, eigenen Schüler und es war eine der besten Erfahrungen, die ich machen konnte, aber ein reines Online Training hat dann am Ende nicht funktioniert, obwohl SEHR viel möglich war und besonders beim Kinder-Training ja teilweise andere Aspekte im Vordergrund sind.

Das hybrid oder dual Modell halte ich aber durchaus für zukunftsweisend! Besonders durch meine eigenen Erfahrungen.

Mein Wunsch

Ich hoffe, dass es in Zukunft weiterhin und vermehrt digitale Angebote gibt. Zum einen kann so ein Teil der Kampfkunst bewahrt & weitergegeben werden, zum anderen kann man auch über weite Distanzen im Kontakt bleiben... Ich selbst war lange Zeit beruflich viel unterwegs als Leiharbeiter und war während der Pandemie teilweise mehr im Training dabei, als davor, einfach, weil es die Möglichkeit gab.

Dazu braucht es Lehrer, die bereit dazu sind, aber auch die didaktische Fähigkeit dazu haben oder diese entwickeln.

Solltest du Fragen dazu haben, schreibe doch gerne einen Kommentar oder melde dich bei mir per E-Mail oder Social-Media.


Mögen alle geschützt sein!

Dein Kung-Fu Tobi



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